BRAUGERSTEN-GEMEINSCHAFT e.V.
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Braugersten-Gemeinschaft e.V. erteilt Patenten auf Braugerste klare Absage!
Am 2. Oktober 2018 fand vor dem Europäischen Patentamt in München die Anhörung zu den Einsprüchen mehrerer Nichtregierungsorganisationen gegen Patente auf Braugerstensorten statt. Vor diesem Hintergrund hat die Braugersten-Gemeinschaft e.V. der Patentierung von Pflanzen auf der Basis technischer jedoch nicht gentechnischer Züchtungsmethoden eine klare Absage erteilt.
Im Gegensatz zum praktizierten Sortenschutz erhält der Patentinhaber das alleinige Recht das geschützte Zuchtmaterial zu nutzen. Wer die patentierten Sorteneigenschaften (Merkmale) für eigene Kreuzungen verwenden möchte, braucht dafür die Genehmigung des Patentinhabers und muss diesem, auch bei eigenem Zuchterfolg dauerhaft Lizenzgebühren entrichten.
Im Sortenschutz gilt das sogenannte Züchterprivileg, welches allen Züchtern den kostenlosen Zugang auf den Zuchtfortschritt der gesamten Branche einräumt.
Diese gelebte Praxis garantiert Biodiversität und einen sich gegenseitig befruchtenden, zügigen Zuchtfortschritt zum Wohle der gesamten Wertschöpfungskette. Im Falle der von den Braukonzernen Carlsberg und Heineken in 2016 patentierten Braugerstensorten mit den Patentnummern EP 2 373 154 B1, EP 2 384 110 B1 und EP 2 575 433 B1 wurde die Erlaubnis zur Weiterverwendung zwar auf Anfrage an einige Züchter erteilt, die Lizenzgebühren müssen jedoch beim Saatgutverkauf an den Patentinhaber weitergegeben werden.
Je länger die Lizenzkette einer Neuzüchtung wird, desto teurer wird Saatgut zukünftig sein.
Über die sukzessive Verteuerung des Saatgutes hinaus begründet die Braugersten-Gemeinschaft e.V. ihr NEIN zu Patenten auf Pflanzen mit der zu erwartenden Einengung des Zugriffs auf den pflanzlichen Genpool. Die Braugersten-Gemeinschaft e.V. befürchtet die Monopolisierung einzelner Pflanzenmerkmale, die auch durch natürliche Kreuzungszüchtung erzielbar wären.
Bei den genannten Patenten handelt es sich um Eigenschaften bei Braugerstensorten, die in Verbindung mit bestimmten brautechnologischen Verfahren Bierwürze mit verminderter Lipoxigenase-Aktivität bzw. ohne den Aromastoff Dimethylsulfit ergeben. Diese Eigenschaften versprechen einen energieeffizienteren Brauprozess bzw. eine verbesserte Geschmacksstabilität des Bieres.
Die Patente basieren auf zufälligen Mutationen im Erbgut der Gerste. Diese Mutationen können natürlich entstehen aber auch durch moderne technische Züchtungsmethoden (Mutagenese) herbeigeführt werden. In seinem Urteil EuGH C-528/16 vom 25.07.2018 hat der EuGH den Einsatz von Mutagenese bei der Züchtung dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/18/EG zugeordnet und somit als gentechnisches Verfahren eingeordnet. Das Urteil des EuGH würde die oben genannten Patente dann unterstützen, wenn die patentierten Eigenschaften der Braugersten durch Mutagenese erreicht wurden. Die Braugersten müssten jedoch dann auch als GVO gekennzeichnet werden. Sollten die patentierten Eigenschaften durch natürliche Mutationen entstanden sein, wurden die Patente unrechtmäßig erteilt.
Die EU-Kommission hat nämlich am 3. November 2016 in einer Klarstellung dargelegt, dass die Intention des Gesetzgebers bei der Erstellung der Biopatentrichtlinie war, Produkte aus im Wesentlichen biologischen Verfahren von der Patentierbarkeit auszuschließen. Getreu dem Grundsatz „Kein Patent auf Leben“ besteht somit eine Diskrepanz zwischen der Erteilungspraxis auf Patentanträge des Europäischen Patentamts und den Grundsätzen der EU-Kommission.
Die Braugersten-Gemeinschaft e.V. fordert deshalb das Europäische Patentamt auf, der Erteilungspraxis durch die Hintertüre ein Ende zu bereiten.
Auch die Kampagne verschiedener NGO`s mit der Überschrift „Keine Patente auf Braugerste & Bier“ oder „no patents on beer“ will in erster Linie Aufmerksamkeit für die anstehende Neubewertung der Biopatentrichtlinie durch die Europäische Kommission und die sich daraus ergebenden Regeln für das Grundverständnis der Richtlinie und deren Umsetzung im Europäischen Patentamt erreichen.
Dass die Nichtregierungsorganisationen das Interesse der Bevölkerung für dieses inhaltlich schwierige Thema am Beispiel Braugerste und Bier plakativ in die Öffentlichkeit tragen, obwohl Gemüse, Obst, Soja und Kartoffeln genauso betroffen sind, zeigt einmal mehr die enorme Emotionalität, die im Nationalgetränk der Deutschen steckt.